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Wie hat sich die Daseinsberechtigung von Human Ressources entwickelt?

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Inhaltsverzeichnis

Wenn wir die Daseinsberechtigung der Human Ressources untersuchen möchten, ist der Blick zurück an den Anfang wichtig: Historiker benennen die Geburtsstunde von HR mit dem Jahr 1878, als erstmals in den USA die 60-Stunden-Woche für Frauen und Kinder gesetzlich geregelt wurde. Seit 2000 befinden wir uns im digitalen Informationszeitalter, wo es so viele Freiheiten gibt wie nie zuvor. Längst geht es nicht mehr nur um Abrechnungen, sondern auch um Kennzahlen wie Zufriedenheit, Identifikation oder Engagement. Ja, sogar psychologische Aspekte spielen mittlerweile eine Rolle.

Die zunehmende Komplexität seiner Rolle hat gezeigt, wie wichtig ein effektives und produktives Personalmanagement zur Freisetzung des menschlichen Potenzials ist. Begleitend zu dieser Veränderung der Daseinsberechtigung begann Human Ressources, die Verbindung zwischen ihren Zielen und dem allgemeinen Geschäftserfolg zu erforschen. Durch neue Technologien, Globalisierung und die demografische Entwicklung musste sich HR immer wieder neu erfinden. Der Mensch rückte zunehmend in den Mittelpunkt. Auf der Suche nach einer kraftvollen Daseinsberechtigung für Human Ressources nach 2000 ist man schnell fündig geworden. In der Analyse des Menschen wurde klar, dass der Mangel an Selbstwert ein ernstes Thema ist.

Also hat sich HR auf die „Bestätigung des Selbst“ konzentriert: „Du bist gut, so wie du bist!“ „Du bist ok, ich bin ok!“ Mitarbeiter sollen Bestätigung erfahren und Menschen in Unternehmen ihre menschlichen Schwächen nicht durch die Erniedrigung anderer kompensieren. Das macht Sinn, sehr viel Sinn sogar!

 Was ist in der Praxis passiert?

Aus der „Bestätigung des Selbst“ wurde die „Bestätigung des Status quo“. Es ging immer weniger um geistige Anstrengung – und damit weniger um geistiges Wachstum – sondern primär darum, den Menschen so anzuerkennen und zu bestätigen, wie er jetzt ist. Damit er sich gut und am Arbeitsplatz wohlfühlt. So drehte sich alles mehr und mehr um positive Gefühle. Egal wie. Das Negative, mental Anstrengendere wurde immer mehr verdrängt. Wie ein ungewünschter Gast. Es wurde ausgeladen, was nicht auszuladen geht. So wurde aus dem Wunsch nach Bestätigung die Gier nach guten Gefühlen – bis zur Einforderung von Bestätigung durch andere.

So auf die Art: Wenn es keinen Schatten mehr gibt, bleibt nur noch Sonne übrig. Mit dem Ergebnis, dass sich heute immer mehr Menschen durch die Zunahme von Tempo, Komplexität und Transparenz überfordert fühlen, weil sie geistig zu langsam mitwachsen. Die mentalen Filter und Differenzierungsfähigkeiten sind zu wenig entwickelt. Überforderungen nehmen zu. Die Zahl der mentalen Krankheiten steigt ständig, obwohl es noch nie so viele Entwicklungsmöglichkeiten für jedes Individuum gab.

Diese „Bestätigung des Selbst“, dieses „Recht auf gute Gefühle“ verdichtete sich im Wort „Wertschätzung“.

Wertschätzung ist im Kern ein sehr wichtiger und wertvoller Begriff. Doch er wurde im Laufe der Zeit zweckentfremdet, denn Wertschätzung in der sozialen Norm bedeutet „Anerkennung als Mensch“. Eine Form bedingungsloser Anerkennung jenseits von Rollen, Erwartungen und Leistungsansprüchen. Für manche ist es eine Form von Liebe. Es ist wohl das wichtigste Gefühl, welches ein Mensch braucht. Wenn jemand dieses Gefühl nicht in seinem Nest, seinem privaten Umfeld (sozialer Norm) findet, sucht er es im Unternehmen (Marktnorm) und fordert es dort sogar ein. Genau das ist zum großen Missverständnis geworden, denn Wertschätzung im Unternehmen heißt „Respekt für Ergebnisse“, die das Unternehmen nach vorne bringen.

Weil diese mentale Differenzierung nicht existierte, wurden die beiden Normen in einen Topf geworfen und vermischt. Mit fatalen Folgen. Kritik wurde immer mehr mit mangelnder Wertschätzung als Mensch gleichgesetzt und empfunden. Das zeigt sich ebenfalls im Ruf nach „Augenhöhe“. Kritik wird als Herabsetzung empfunden. Das liegt eben nicht nur an der Art der Kritik, sondern auch daran, dass Menschen es verlernt haben, sich mit den negativen Aspekten ihres Seins auseinanderzusetzen. Doch diese Charakterschwächen sind Teil unseres Wesens, eben weil wir Menschen sind. Sie sind wichtig für die Mitarbeiterentwicklung. Wenn wir diese Dinge verdrängen, können wir sie nicht mehr transformieren. Wir bleiben stehen.

Wie die Differenz zwischen Kennen und Können immer größer wird

Wie jemand, der immer mehr lernt, wie Humor funktioniert, doch niemanden zum Lachen bringt. Da wird gelernt, wie zum Beispiel menschliche Transformation funktioniert. Mit dem Ergebnis, dass man immer besser weiß, wie sich andere transformieren sollten. Das Kennen dehnt sich enorm aus, das Können bleibt gering. Das ist die Grundlage der beschriebenen Überlegenheitsillusion. Auf der einen Seite stehen die Geschulten, die „Wissenden“.

Auf der anderen Seite diejenigen, die so wenig Einsicht haben und noch bekehrt werden müssen. Es ist grauenhaft, wie viele charakterschwache Weiterbildungsprofis sich über die Beratungsresistenz anderer aufregen, weil sie ja schon so viele Ausbildungen haben. Es wird ein Image des Veränderns gezeigt, jedoch eine Ignoranz der Selbsterkenntnis vorgelebt. Es wird Reflexion aus Imagegründen gezeigt, jedoch selbst nicht in echter Mitarbeiterentwicklung umgesetzt. Weil es eben geistig sehr anstrengend und mental äußerst unbequem ist. Doch der Wunsch nach guten Gefühlen und Harmonie behält die Oberhand.

Jede Firma, jede Abteilung und jedes Produkt hat seine Daseinsberechtigung. So wie jeder Mensch. Diese Daseinsberechtigung der Human Ressources gilt es, regelmäßig infrage zu stellen. Immer dann, wenn die gewünschte Wirkung ausbleibt. Wer das nicht tut, wird irgendwann von anderen hinterfragt. Durch radikale Umwälzungen im Markt oder durch eine Krise. Entweder die Disruption erfolgt freiwillig oder sie wird erzwungen. Das ist weder gut noch schlecht, es ist nun einmal so. Also gilt es auch für HR. Das Problem dabei ist, wer gewohnt ist, permanent andere infrage zu stellen, vergisst irgendwann einmal, sich selbst infrage zu stellen.

Ihr Boris Grundl

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