Das vergangene Jahr hat gezeigt: Eine starke Unternehmenskultur ist vor allem in Krisenzeiten ein wichtiger Erfolgsfaktor. Arbeitnehmer*innen, die sich voll und ganz mit der gelebten Unternehmenskultur identifizieren, finden auch in Phasen der Unruhe Motivation, Halt und Orientierung.
Um zum Unternehmen passende Mitarbeiter*innen zu finden und diese auch langfristig im Unternehmen zu halten, bildet ein wertebasiertes Employer Branding nach innen und außen das Fundament. Doch warum ist eine gute Unternehmenskultur für Unternehmen ein so wichtiger Erfolgsfaktor? Welche Bedeutung hat die Unternehmenskultur in Krisenzeiten? Und welche Rolle kommt der Führungsebene in diesem Kontext zu?
Die Unternehmenskultur: ein Kündigungsgrund
In der StepStone Studie zum Thema „Arbeitgeberattraktivität“ zeigt sich: Eine unpassende Unternehmenskultur gehört zu den acht häufigsten Kündigungsgründen von Arbeitnehmerseite. Wer sich nicht mit den Werten seines Arbeitgebers identifiziert, ist schnell frustriert im Job. Wenn eine hohe Arbeitgeberattraktivität vorliegt, sodass die Menschen gerne zur Arbeit gehen und sich dem Unternehmen stark verbunden fühlen, weisen sie sehr wahrscheinlich ein höheres Maß an Motivation und Loyalität auf – so weit, so logisch.
Obwohl die Unternehmenskultur zu den Top-5-Kernkriterien bei der Jobauswahl gehört, zeigt sich jedoch, dass hier noch großer Nachholbedarf herrscht. Zwar wüschen sich 90 Prozent der Mitarbeiter*innen eine gute Unternehmenskultur, allerdings sehen nur 18 Prozent diese Arbeitgeberattraktivität bei ihrem aktuellen Arbeitgeber als gegeben an.
Wie wichtig Arbeitnehmer*innen das Thema ist, hat auch die Studie „Recruiting mit Persönlichkeit“ gezeigt: Nur 15 Prozent der Jobsuchenden sind bereit, für ein attraktives Gehalt Abstriche bei der Unternehmenskultur in Kauf zu nehmen. Geld wiegt Werte also nicht auf.
Quelle beider Abbildungen: StepStone Report „Arbeitgeberattraktivität“, 2020.
Mitarbeiter als Botschafter der Unternehmenskultur
Ganz unabhängig von Krisenzeiten ist es Kandidat*innen wichtig, möglichst früh im Bewerbungsprozess einen Einblick in die Unternehmenskultur eines potenziellen Arbeitgebers zu erhalten.
Schon in der Stellenausschreibung sollten die Unternehmenswerte klar kommuniziert werden. Bewerber*innen interessieren sich dafür, ob ein familiäres Arbeitsklima herrscht, ob es flache Hierarchien gibt oder welcher Stellenwert der Work-Life-Balance entgegengebracht wird. All das gibt Aufschluss über die Unternehmenskultur und wirkt sich auf die Arbeitgeberattraktivität aus.
Wichtig ist an dieser Stelle vor allem das Stichwort „Authentizität“. Nur wer in der Kommunikation nach außen ehrlich und transparent ist, wirkt glaubwürdig. Es geht dabei nicht um das WAS, sondern vor allem um das WIE. Es reicht also nicht nur aus zu erwähnen, dass eine gute Work-Life-Balance großgeschrieben wird. Wie genau wird dafür gesorgt? Gibt es ein vielfältiges Sportangebot? Gibt es Kurse zu Selbstmanagement und Stressbewältigung? Gibt es Vertrauensarbeitszeit? Können Kinder im „Notfall“ auch mit ins Büro gebracht werden? Gibt es für solche Fälle speziell darauf ausgelegt Räumlichkeiten?
Und eine schöne Fassade bröckelt schnell, wenn nach außen kommunizierte Werte und Normen intern nicht gelebt werden. Die eigenen Mitarbeiter sind ein wichtiger Kommunikationskanal und somit starke Botschafter für die Unternehmenskultur. Zufriedene Mitarbeiter tragen die positiven und attraktiven Aspekte des Arbeitens bei einer Firma nach außen – auch auf Bewertungsplattformen im Internet.
Corona und Unternehmenskultur
Auch wenn es kein Geheimnis war, dass die Unternehmenskultur eine entscheidende Rolle dabei spielt, die passenden Mitarbeiter zu finden und auch im Unternehmen zu halten, hat die Corona-Krise dem Stellenwert des Themas einen zusätzlichen Schub verpasst und neue Diskussionen angefacht.
Der StepStone „Corona Report“ macht deutlich: Wo es vorher schon „gestimmt“ hat, lief es auch in unruhigen Zeiten verhältnismäßig gut. Gut drei von vier Befragten bestätigten, dass die gute Zusammenarbeit mit den Kollegen aus dem Homeoffice genau so zuverlässig funktionierte wie vor der Krise. Sind die Mitarbeiter*innen generell zufrieden, sind sie es bei gutem Krisenmanagement auch in unruhigen Zeiten.
Wo jedoch vorher schon Sand im Getriebe war, zeigt sich COVID-19 wie bei vielem anderen auch als Katalysator für Entwicklungen – eine vorher bereits vorherrschende Unzufriedenheit wird durch eine Krise zusätzlich verstärkt. Turbulente Zeiten stellen die Unternehmenskultur auf die Probe und legen Probleme offen: Welche Werte und Normen werden wirklich gelebt? Wie gehen wir auch in Phasen starker Belastung miteinander um? Wie werden Konflikte gelöst? Welche Feedback– und Fehlerkultur herrscht bei uns vor?
Eine starke Unternehmenskultur bildet eine wichtige Basis, um gut durch schwierige Zeiten zu kommen.
Rolle der Führungskräfte: aktives Handeln
Prof. Dr. Josef Herget, Leiter des „Excellence Institute – Research & Solutions“ in Wien, erweitert in einem Interview mit Springer Professional die Definition von Unternehmenskultur als Resultat von Unternehmenswerten und betrieblichem Verhalten um einen weiteren Aspekt: das aktive Handeln. Und genau dieses Handeln wird von Führungskräften bestimmt. So entsteht ein neuer Blick auf das Thema und betont, dass sich die Unternehmenskultur gestalten lässt und nichts Statisches ist. „So kommt etwa sogenannten Culture Hacks (…) als integraler Bestandteil der Kulturveränderung eine ganz wichtige Bedeutung zu.“
Das Prinzip des „Culture Hacking“ beschreibt nichts anderes als gezielt eingesetzte Provokation, um Veränderungen herbeizuführen – aber auf systematische Art und Weise. Als wichtiges Change-Instrument ermöglicht das Konzept mehr Agilität und unterstützt vor allem in Phasen, in denen schnell und dringend neu gedacht werden muss. Führungskräfte sollten Werte und Einstellungen also nicht nur vorleben, sondern den Kulturwandel auch aktiv mitgestalten
Sowohl in ruhigen als auch in turbulenten Zeiten ziehen Menschen an einem Strang, wenn sie zufrieden und motiviert sind. Eine wichtige Voraussetzung ist hierfür die Identifikation der Mitarbeiter*innen mit der Kultur im Unternehmen, die im Idealfall zur Arbeitgeberattraktivität beiträgt und Bewerber*innen überzeugt.
Moderne Führungskräfte wissen um die Bedeutung von Unternehmenskultur und verstehen, welche Rolle ihr vor allem in Krisenzeiten zukommt. Sie leben die Werte eines Unternehmens vor, sind aber auch bereit, Veränderungen in der Kultur anzustoßen, wenn es die Umstände erfordern. Wichtig ist vor allem, aus den vergangenen Monaten zu lernen und den Fokus auf eine zukunftsfähige Unternehmenskultur zu legen. Nur so kann ein massives Fundament geschaffen werden, das auch beim nächsten Windstoß standhaft bleibt.
Darum sind Sie nicht wirklich glücklich.
Warum Erfolg und Erfüllung nichts miteinander zu tun haben.