„Das Grundl Leadership Institut erforscht und lehrt hochwertige Unterscheidungen, damit Ihr Leben zum besten Lehrer wird.“ In meinem letzten IGTV-Video auf dem Instagram-Kanal von Boris Grundl sprach ich über die Unterscheidung „Einflussbereich vs. Interessenbereich“. Nun möchte ich Ihnen diese Erfahrung auch als Blogbeitrag zur Verfügung stellen.
Worüber beschweren Sie sich?
Was habe ich mich als Jugendlicher über Themen wie Politik und Steuern aufgeregt. Als ich mein erstes eigenes Geld verdient habe, studierte ich die Abrechnung. Und konnte nicht fassen, wie viel Abgaben und Steuern von meinem Einkommen abgezogen wurde: Einkommenssteuer, Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag… Unglaublich! Damals habe ich mich intensiv mit diesen Themen beschäftigt. Mich darüber aufgeregt und überall beschwert. Ich war nicht damit einverstanden, dass ich so viel von meinem hart erarbeiteten Geld abgeben sollte. Allerdings war mir auch klar, dass ich eigentlich keinen Einfluss auf die Situation hatte. Es war nun mal Fakt: Wenn ich in Deutschland lebe und bleiben will, muss ich Steuern zahlen – wenn ich in der Kirche bin Kirchensteuer und vom Solidaritätszuschlag ganz zu schweigen.
Trotzdem hat das Thema mich nicht losgelassen. Ich musste diese Ungerechtigkeit der Welt mitteilen und habe mich mit anderen ausgetauscht. Natürlich haben die ins gleiche Horn geblasen und mich in meiner Emotion bestätigt. Wenn ich heute überlege: Wo war mein Einflussbereich zu diesem Thema? Zu diesem Diskurs? Wir haben doch tatsächlich viel Zeit und Energie in diese Diskussionen gesteckt, wohlwissend, dass wir nichts dagegen tun können.
Wo ist mein Einflussbereich?
Früher war ich sogar auf dem Trip und bin nicht mehr wählen gegangen. Meine Devise war: Wenn ich zwischen Pest und Cholera wählen muss, lasse ich es lieber ganz! Ich wurde älter und bemerkte mit der Zeit, dass es durchaus Bereiche in meinem Leben gibt, auf die ich Einfluss nehmen kann. Es dämmerte mir: Vielleicht sollte ich diesen Einfluss auch wahrnehmen? Vielleicht ist es meine Verantwortung, diesen Einfluss wahrzunehmen? Vielleicht sogar meine bürgerliche Pflicht, wählen zu gehen?!
Glücklicherweise hat mich meine damalige Freundin (heute Frau) eines Besseren belehrt: „Jochen, schau mal. In manchen Ländern dürfen die Menschen überhaupt nicht wählen. Sie müssen bestimmte Gegebenheiten hinnehmen und leben unter sehr widrigen Bedingungen. Du dagegen lebst in einem Land, in dem du die Möglichkeit hast, in einer Demokratie mitzubestimmen.“ Das hat gesessen. Darüber musste ich nachdenken. Seit dieser Ansage gehe ich wieder zur Wahl, weil mir bewusst ist: „Diesen Einfluss habe ich!“
Trotzdem bin ich wieder auf das Thema mit den Steuern gestoßen: „Warum bezahlen wir eigentlich diese Steuern?“ Die Antwort war wieder sehr klar. Ich lebe in einem sicheren Land. Es gibt Polizei, Feuerwehr, Bildungseinrichtungen und vieles mehr. Ich habe eine sehr gute Ausbildung genossen, Abitur gemacht, konnte Studieren gehen. All das ist möglich, weil ich Steuern bezahle. Was für eine Erkenntnis!
Interessenbereich ade!
Also habe ich angefangen, diesen Interessenbereich zu durchleuchten. Und meinen Einfluss dort wahrzunehmen, wo ich konnte. Den Rest habe ich für mich ad acta gelegt. Ich kann es eh nicht ändern, warum sollte ich also für solche Themen meine kostbare Zeit investieren und Energie damit verschwenden? Stattdessen könnte ich Sinnvolleres tun – zum Beispiel ein gutes Buch lesen, mich weiterbilden, mich mit den Themen beschäftigen, bei denen ich Verantwortung übernehmen kann – eben wo ich Einfluss habe.
Das mache ich nun seit einigen Jahren sehr, sehr konsequent. Erst letztens gab es wieder eine Situation, in der ich mich klar vom Interessenbereich abgegrenzt habe. Wir saßen beim Abendessen. Die Runde sprach viel über das Weltgeschehen und die Wirtschaft, unter anderem über China und was dort gerade passiert. Schnell habe ich festgestellt, dass es nur noch um einen Interessenbereich geht, auf den ich nicht den geringsten Einfluss habe. Daher habe ich die hitzige Diskussion unterbrochen und den fragenden Gesichtern Folgendes mitgeteilt: „Ich verstehe sehr gut, dass Ihr Euch über dieses Thema unterhalten möchtet. Ihr könnt die Diskussion auch gerne fortführen. Allerdings ohne mich, denn das ist ein klarer Interessenbereich. Erstens habe ich darauf keinen Einfluss und zweitens keine Lust, meine wertvolle Zeit damit zu vergeuden.“ – Stille, ungläubige Blicke!
Egal! Für mich war es glasklar. Ich möchte mich vorwiegend mit meinem Einflussbereich beschäftigen und mich gedanklich immer weniger im Interessenbereich aufhalten. Ja, es gibt Situationen, da bin ich auch im Interessenbereich und rede gerne bei solchen Themen mit. Aber nur dann, wenn ich auch wirklich Lust darauf habe – wohlwissend, dass es mich Energie kostet.
In der Hoffnung, dass Sie etwas mitnehmen konnten, freue ich mich auf Ihre Gedanken zu dieser Unterscheidung und auf Ihre Erfahrungen: Wo befinden Sie sich immer mal wieder im Interessenbereich und wo können Sie Ihren Einflussbereich erweitern?
Ihr Jochen Hummel
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