Dienstag, 15. Oktober
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Inhaltsverzeichnis

Unser Leben ist geprägt von Gewohnheiten, ob wir nun wollen oder nicht. Viele erleichtern den Alltag, andere sind hingegen lästig und schaden mehr als sie nutzen. Gewohnheiten sind für uns ein Hilfsanker, um die Komplexität der auf uns einstürmenden Realität erträglich zu machen. Sie führen uns durchs Leben, denn ansonsten wäre das menschliche Gehirn überfordert mit den vielen alltäglichen Details, die immer wieder neu bearbeitet werden müssten. Gewohnheiten bieten Stabilität, Orientierung und helfen uns, uns nicht in Nebensächlichkeiten zu verlieren.


Ein Großteil unserer täglichen Handlungen sind Gewohnheiten. Wir werden vom Autopilot in unserem Gehirn gesteuert, ohne es überhaupt zu bemerken. Etwa die Hälfte der täglichen Handlungen laufen nach einem unbewussten Programm ab. „Viele Menschen denken, unser Verhalten orientiere sich an bestimmten Zielen“, so die Psychologin Wendy Wood. Tatsächlich ist das auch so – aber nur, wenn wir etwas zum ersten Mal tun. Mit jeder Wiederholung fällt uns der Vorgang leichter, bis er irgendwann automatisch abläuft. Räumlich und zeitlich gemeinsam auftretende Ereignisse werden zusätzlich im Zuge der Automatisierung miteinander verknüpft. So entsteht eine Gewohnheitsschleife, nach der alltägliche Handlungen ablaufen. Sobald das Gehirn die entsprechende gewohnte Situation erkennt, also ein Reiz ausgelöst wird, wird die erlernte Tätigkeit von uns automatisch ausgeführt. Jedes Mal, wenn wir wie gewohnt handeln, schüttet das limbische System zudem Belohnungsstoffe aus. Dadurch fühlen wir uns in unserem Handeln bestätigt und müssen gar nicht mehr darüber nachdenken, wie wir etwa morgens nach dem Klingeln des Weckers handeln. Wir stehen automatisch auf, gehen ins Badezimmer, baden, putzen die Zähne und schalten anschließend auf dem Weg zum Kleiderschrank schon mal den Fernseher ein – ohne uns bewusst dafür zu entscheiden.

Gewohnheiten und Gehirn

Wenn ein System automatisch abläuft, ist die Herausforderung dabei, dass das Gehirn nicht zwischen guten und schlechten Gewohnheiten unterscheidet. Es ist gut und nützlich, dass wir unsere festen Abläufe haben, um morgens aufzustehen und uns auf den Weg zur Arbeit zu machen. Aber wenn wir uns vornehmen, eine nicht gewünschte Gewohnheit zu ändern, erfordert es viel Energie auf die fest eingeschliffenen Bahnungen anders als gewohnt zu reagieren – beispielsweise, wenn wir mit dem Rauchen aufhören oder weniger Schokolade essen wollen.

Die vom Gehirn ausgeschütteten Belohnungsstoffe erzeugen in uns ein Verlangen nach mehr und verändern dadurch das Gehirn – so schaffen es Gewohnheiten, sich selbst zu erhalten. Natürlich können wir versuchen, uns zu zwingen, ein Verhalten zu ändern – einfach ist es aber nicht. „Kaum etwas Schwierigeres gibt es für unser Gehirn, als Gewohnheiten abzulegen“, bestätigen Hirnforscher. Je öfter wir eine Handlung wiederholen, desto stärker wird sie im Gehirn verankert und mit bestimmten Reizen verknüpft – und desto schwieriger wird es, die Gewohnheit zu ändern. Der Erfolg fällt oft ernüchternd aus, die meisten guten Vorsätze lösen sich in Luft auf, da die Gewohnheit einfach stärker ist. Wie schaffen wir es dennoch, den Hebel wieder umzulegen und aus der automatisierten wieder eine manuelle Handlung zu machen?

Gewohnheiten ändern nach Dr. Doris Wolf

Nach Dr. Doris Wolf können neue Gewohnheiten nicht einfach von heute auf morgen verändert werden, sie müssen umgelernt werden. Wir müssen uns aktiv dem Reiz widersetzen und uns bewusst entscheiden, anders zu handeln, damit das Gehirn aufhört, automatisch dem eingetretenen Pfad zu folgen. Beim Umlernen von Gewohnheiten werden in der Regel folgende Phasen durchlaufen:

Erkennen und annehmen:

Der erste und leichteste Schritt ist die intellektuelle Einsicht. Wir haben eine Gewohnheit überprüft und entgegen der bisher positiven Bewertung beurteilen wir das Verhalten jetzt negativ.

Theoretisch wissen wir dann bereits, wie wir uns eigentlich verhalten müssten – die Herausforderung liegt jedoch in der praktischen Umsetzung

Nachdenken und Trainieren:

Wir denken unsere neuen Gedanken, die wir im Rahmen des ersten Schrittes gewonnen haben, und stellen uns vor, wie wir uns gemäß der neuen Bewertung verhalten.

Widerspruch zwischen Kopf und Bauch:

Diese Phase ist die schwierigste Stufe. Wir denken unsere neuen Gedanken, bewerten die Situation realistisch und verhalten uns entsprechend unserer neuen Einstellung. Doch es bleibt ein negatives Gefühl, weil der Reiz nach wie vor da ist, die Belohnung jedoch ausbleibt. In dieser Situation beschleicht uns häufig der Gedanke, dass wir uns nur etwas einreden und uns selbst belügen. Tatsächlich stimmt das sogar, denn wir reden uns etwas ein, was wir bis jetzt einfach anders gesehen haben. Dieser Eindruck entsteht, weil wir das, was wir uns zuvor einmal eingeredet haben, jetzt korrigieren und gewissermaßen überschreiben wollen. In dieser Phase muss daher zwangsläufig ein Widerspruch zwischen Bauch und Kopf auftreten. Nur wenn uns dieses Gefühl beschleicht, ist ein Fortschritt gemacht und feststellbar. Jetzt braucht es zwei Dinge: Mut und Geduld. Denn der Körper kann gar nicht anders, als erst nach einer gewissen Zeit gemäß der neuen Bewertung und dem damit verbunden Verhalten zu reagieren. Je nach Persönlichkeit dauert es zwischen 20 und 250 Tagen, bis sich das Unterbewusstsein wirklich auf die neue Bewertung und die damit verbundene Handlung einlässt und sie zur Gewohnheit aufsteigt. Der Charakter eines Menschen spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn je mehr er im Hamsterrad seiner Gewohnheiten gefangen ist, umso länger braucht er, um loszulassen.

Übereinstimmung zwischen Kopf und Bauch:

Die alten Gefühle lassen langsam nach und der Körper reagiert stimmig auf die neue Bewertung. Zwar sind wir uns noch sehr bewusst, dass die Gedanken neu sind – aber wir haben bereits das Gefühl, dass das neue Verhalten zu uns passt.

Neue Gewohnheit ist erlernt:

Es ist geschafft! Sie reagieren auf den Reiz direkt mit der richtigen Bewertung, verhalten und fühlen sich entsprechend. Eine neue Gewohnheit ist nun entwickelt.

Ein Beispiel für diesen Umlernprozess ist etwa der Erwerb neuer Essgewohnheiten. Stellen wir uns vor, Sie haben sich vorgenommen, in Zukunft den Kaffee ohne Zucker zu trinken, da dieser gesundheitsschädlich ist. Die erste Phase der intellektuellen Einsicht ist in dem Augenblick da, in dem Sie sich entscheiden zu denken: „Zucker ist schädlich. Ich möchte meinen Kaffee ohne trinken.“ Die zweite Phase der Übung beginnt mit dem Augenblick, in dem Sie sich Kaffee eingießen und sich daran erinnern, keinen Zucker einrühren zu wollen. Und da ereilt Sie schon die dritte Phase: Ihr Kopf sagt Ihnen „Zucker ist gesundheitsschädlich“, und Ihr Körper will Ihnen weismachen, dass Kaffee ohne Zucker nicht schmecken kann. Wenn Sie auf Ihren Körper hören, nehmen Sie Zucker und werden nie lernen, Kaffee auch schwarz zu lieben. Sie verhalten sich dann entsprechend Ihres alten Programms und Ihrer alten Gewohnheit. Wollen Sie Ihre alte Gewohnheit durchbrechen, müssen Sie das Gefühl Ihres Körpers ignorieren und dürfen keinen Zucker nehmen. Sie müssen sich entsprechend Ihrer neuen EinstellungZucker ist schädlich“ verhalten und quasi so tun, als ob Sie diese Bewertung schon glauben. Wenn Sie dies oft genug tun, kommen Sie in die vierte Phase: Der Kaffee beginnt Ihnen auch ohne Zucker zu schmecken. Die fünfte Phase der neuen Gewohnheit kommt mit weiterer Übung. Wenn man Ihnen dann eines Tages heimlich Zucker in den Kaffee rührt, werden Sie schließlich voller Ekel den „süßen Kaffee“ zurückweisen. Dieses Umlernen kann auch ohne die direkte Erkenntnis erfolgen, wann und warum Sie überhaupt begonnen haben, Kaffee mit Zucker zu lieben.

Wirkung von Gewohnheiten und deren Veränderungen auf andere

Menschen sind grundsätzlich irritiert, wenn wohl bekannte Systeme aufgebrochen und verändert werden. Sie stehen dem Neuen erst einmal kritisch gegenüber. Ein Beispiel aus dem Sport, das auf Prof. Peter Kruse zurückgeht, bringt es auf den Punkt: Dick Fosbury revolutionierte 1968 den Hochsprung in der Leichtathletik. Entgegen der bisher gewöhnlich angewandten Technik übersprang er die Latte mit einer Rückwärtsbewegung. Heute ist eben dieser „Fosbury-Flop“ für uns zur Gewohnheit geworden, wenn wir Hochsprung im Fernsehen ansehen. Auch wenn die anderen Athleten zunächst skeptisch waren – schlussendlich wurde so die Gewohnheit einer ganzen Sportart erschüttert und verändert.

Menschen brauchen Sicherheit, deswegen reagieren sie geplanten Änderungen gegenüber ablehnend, frei nach dem Motto „Das haben wir schon immer so gemacht“. Selbst wenn der Beweis vorliegt, dass eine Veränderung im System zu größerem Erfolg führt, wollen die meisten Menschen ihre alten Gewohnheiten nicht ablegen. Diese Erfahrung machte auch Dick Fosbury: Die meisten Sportler boykottierten den neuen Stil, obwohl offensichtlich war, dass die veränderte Technik einen höheren Sprung ermöglicht. Erst als er im Jahr 1972 bei den Olympischen Spielen von Ulrike Meyfarth erfolgreich wiederholt wurde, fand der Fosbury-Flop seine verdiente Akzeptanz. Die meisten Menschen brauchen zuerst ein geistiges Sicherheitsnetz – oder, um beim Hochsprung zu bleiben, eine dicke Sicherheitsmatte, bevor sie es wagen, zu neuen Ufern aufzubrechen. Auch Dick Fosbury war darauf angewiesen: Die Sandgrube hinter der Sprunglatte wurde durch eine dicke Matte ersetzt. So war garantiert, dass ihm bei seinem revolutionären Sprungstil nichts Schlimmes passieren konnte. Natürlich birgt die Abkehr von einer Gewohnheit auch ein gewisses Risiko – aber wir können uns nur weiterentwickeln, wenn wir Gewohnheiten aufbrechen und neue Wege ausprobieren.

Strukturiertes Führungssystem: Mitarbeiter entwickeln, Führungsverantwortung teilen

Nicht nur im Privatleben geben uns Gewohnheiten Orientierung und Sicherheit – das gleiche gilt auch im Beruf. Gewohnheiten regeln beispielsweise Führungsabläufe, Mitarbeiter wie Führungskräfte können dank automatisierter Vorgehensweise und eingeschliffener Abläufe besser zusammenarbeiten. Auch Führungskräfte sehen sich mit der Herausforderung konfrontiert, schlechte Gewohnheiten abzulegen, um ihre Mitarbeiter effizienter weiterzuentwickeln. Ein Beispiel: Sicherlich haben Sie es selbst schon erlebt, dass Sie zu Ihrem Chef zitiert wurden und dieser Ihnen mitgeteilt hat, welche Aufgabe Sie wie zu erledigen haben. Für individuelle Lösungen bleibt da kein Platz, die Mitarbeiter haben so nicht die Möglichkeit, selbst Verantwortung zu übernehmen und ein gewisses Maß an Selbstführung zu erreichen. Nach den vorhin erläuterten fünf Schritten von Dr. Doris Wolf muss die Führungskraft auch hier die bewusste Entscheidung treffen, die Gewohnheit aktiv anzugehen, um sie ins Positive zu verändern.

Die intellektuelle Einsicht besteht in dieser Situation darin, dass die Führungskraft erkennt, dass es sinnvoller und besser für die Mitarbeiter ist, wenn sie ihnen Fragen stellt, anstatt sie vor vollendete Tatsachen zu stellen. Darauf folgt die Übung im direkten Mitarbeitergespräch: Die Führungskraft teilt dem Mitarbeiter eine neue Aufgabe zu – doch anstatt wie bisher gewohnt Anweisungen zu erteilen, fragt sie den Angestellten, was er tun könnte, um die Aufgabe zu lösen. Sowohl Führungskraft als auch Mitarbeiter befinden sich jetzt in einer für sie ungewohnten Situation. Der Mitarbeiter ist wahrscheinlich verunsichert, da sich sein Chef nicht wie gewohnt verhält und er nicht weiß, was er davon halten soll. Bei beiden folgt darauf die dritte Phase, es herrscht ein Widerspruch zwischen Kopf und Bauch. Für die Führungskraft fühlt sich das neue Verhalten komisch an. Zwar weiß sie, dass es besser ist, die Angestellten dahin zu entwickeln, selbst Initiative zu ergreifen. Solange der Angestellte jedoch durch das neue Verhalten seines Chefs irritiert ist und nicht damit umzugehen weiß, bleiben Zweifel, ob diese Vorgehensweise wirklich besser ist als die alte Gewohnheit. Erst wenn sich beide Seiten Schritt für Schritt mit jedem weiteren Üben daran gewöhnen, lassen die alten Gefühle nach und es fühlt sich für die Führungskraft und den Angestellten stimmig an. Wenn dieser Punkt erreicht ist, wird sich der Angestellte auch trauen, auf die Frage zu reagieren und seine eigene Idee zur Lösung der Aufgabe zu entwickeln und vorzustellen. Die neue Gewohnheit ist damit erlernt, Fragen stellen anstatt Anweisungen erteilen ist zu einer neuen Gewohnheit im Führungssystem geworden.

Gewohnheitsveränderungen dieser Art brauchen nicht nur Zeit, sondern müssen auch systematisch angeleitet werden. Die Grundl Leadership Akademie hilft mit ihrem Führungssystem Leading Simple, solche Veränderungsprozesse in Unternehmen anzustoßen und befähigt Menschen im Unternehmen, ihrer Führungsverantwortung gerecht zu werden.

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www.grundl-akademie.de/mitarbeiterentwicklung-der-transformationsprozess

 

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