Themen recherchieren, Pressemitteilungen schreiben, Kontakt zu Journalisten herstellen – die Aufgaben eines Pressesprechers waren einmal klar definiert. Doch der Wandel macht vor der Kommunikation nicht Halt. Wer in der immer schnelllebiger und komplexer werdenden Medienwelt mithalten will, muss sich – mit den Worten von Boris Grundl – transformieren.
Die Lösung ist ein Newsroom, mit dem Unternehmen ihre Themen effektiv und zeitgemäß steuern. Die Herausforderung eines solchen Change-Projekts: Wer sich entscheidet, einen Newsroom in seinem Unternehmen zu implementieren, bricht Silos auf – und auch die damit verknüpften Machtstrukturen. Denn der Newsroom schafft die Bedingungen, um sich auf Themen zu konzentrieren und Botschaften zielgerichtet auszusenden. Diese Idee geht einher mit der Hoffnung, dass sich auch Machtpolitik und organisch gewachsene Strukturen auflösen.
Machtgefälle behindern effiziente Kommunikation
In klassischen Unternehmensstrukturen ohne Platz für integrierte Kommunikation herrscht eine ungleiche Wissensverteilung, geprägt von Einzelinteressen. Wissen, vor allem der persönliche Erfahrungsschatz des Mitarbeiters, ist hier tatsächlich Macht. So stellen sich ungleiche Machtverhältnisse immer wieder als hinderlicher Faktor für eine integrierte Unternehmenskommunikation heraus, denn sie erleichtern es Einzelpersonen oder Abteilungen, ihre eigenen Interessen über den Unternehmenszweck zu stellen.
Im Kontext vorhandener sozialer Strukturen bedeutet das: Verschiedene Abteilungen in marktorientierten Unternehmensfunktionen stehen häufig im Wettbewerb um Budgets und Verantwortlichkeiten, wovon auch berufliche Perspektiven Einzelner abhängen können. Sie bieten ein hohes Potenzial zur internen politischen Positionierung. Wieder eine Frage der Macht…
Im Newsroom hingegen werden die Rollen neu verteilt. Dies kann Unsicherheit unter den Mitarbeitern auslösen – das Machtspiel beginnt. Veränderungen werden für gewöhnlich mit Skepsis betrachtet. Kein Wunder, schließlich stellen die neuen Kommunikationsstrukturen, Machtverhältnisse, architektonischen Zuschnitte, Arbeitszeiten und Inhalte einen tiefen Einschnitt in den Berufsalltag aller Beteiligten dar. Solche Restrukturierungsmaßnahmen lösen daher oft Sorgen bei den Betroffenen aus, Kontrolle und damit Macht zu verlieren. Kurzum: Dieser Schritt sollte professionell und gut vorbereitet umgesetzt werden – damit er erfolgreich ist.
Leiten Sie ein Team? Vertrauen, Offenheit und Engagement sind wichtige Komponenten, damit Ihr Team nicht scheitert. Das A und O, damit auch der Newsroom als großes Change-Projekt funktioniert, sind flache Hierarchien und Transparenz. Wenn die Verantwortlichen dieses Prinzip leben, findet das im Team Anerkennung und wirkt sich positiv auf die bevorstehenden strukturellen Veränderungen aus.
Feedback statt Kontrolle
Wer wird Chef vom Dienst und damit hauptverantwortlich für die operative Arbeit im Newsroom? Diese Frage sollten Sie möglichst früh klären und kommunizieren. Die Stelle hat signifikante Weisungsrechte. Es entsteht ein Mehr-Augen-Prinzip, bei dem jeder im Bilde ist. Wissen wird geteilt. Kontrollmechanismen weichen Feedbackschleifen, und ein strukturelles Gleichgewicht entsteht.
Durch eine deutliche Trennung von Themen und Kanälen gibt es keine Überschneidung der Verantwortungsbereiche, was Konkurrenzverhältnisse merklich reduziert. Themendesks, Mediendesks, Chef vom Dienst und Strategieteam müssen stets im engen Austausch miteinander stehen und die Prozesse für alle transparent und nachzuvollziehen sein. Besonders wichtig ist es dabei, die Mitarbeiter von Beginn an in das Projekt einzubeziehen und klar zu kommunizieren. So werden auch Skeptiker zu Newsroom-Befürwortern.
Ihr Christoph Moss
(Mitarbeit Sina Flüß)