Die Welt hat sich in den letzten Monaten extrem verändert. Das müsste inzwischen jedem klar sein. Doch das Echo auf diese Veränderung ist sehr unterschiedlich. Die „Systemrelevanten“ reagieren mit heldenhaftem Einsatz und berechtigter Hoffnung auf mehr Aufmerksamkeit und Anerkennung.
Die anderen lassen sich in drei Gruppen aufteilen: Die Kopf-in-den-Sand-Stecker, die Um-Hilfe- Rufenden-Ertrinkenden sowie die Wie-wird-aus der-Krise-eine-Chance-Denker. Und natürlich die Kombination dieser drei. In Summe lässt sich gerade sehr Interessantes beobachten: Misstrauische Chefs erleben, dass Mitarbeiter im Homeoffice durchaus gute Ergebnisse liefern.
Sicherheit durch Orientierung schaffen
Wir gehen sozial auf Distanz und kommen uns emotional näher. Nach der Solidarität beim „Runterfahren“ folgt der Futterneid beim „Hochfahren“. Die bisher schleppende Digitalisierung entwickelt sich im Raketentempo. Ohne Orientierung entsteht Unsicherheit. Das ist nachvollziehbar. Angst wächst durch gefühlten Kontrollverlust. Die Ausgangslage hat sich verändert und damit auch die Spielregeln. Wüssten wir, wie lange diese Krise geht, wäre die Angst beherrschbar. Doch der schleppende Rückgang zur Normalität zerrt an den Nerven. In solchen Situationen können Menschen objektiv keine Kontrolle herstellen. Also versuchen sie es subjektiv.
Als Bewältigungsstrategie suchen sie nach Mustern, die Orientierung zurückbringen. Da es in der Nebelbank Corona-Krise keine greifbaren Muster gibt, werden sie erfunden. Auf diesem Nährboden wachsen Verschwörungstheorien. Sie entstehen unabhängig von Bildung, Vermögen oder Status. In den USA glaubt jeder Zweite an mindestens eine krude Theorie. Durch sie fühlt sich der Verbreiter einzigartig und anderen überlegen. Das offenbarte Geheimwissen kreiert ein Blick auf die Wahrheit, die andere nicht sehen – diese sind daher entweder dumme Leichtgläubige oder Teil der Intrigen. Im Kern kreisen diese zutiefst verunsicherten Geister nur um sich selbst und ihren Wunsch nach Bestätigung.
Das Unsichere ist das einzig Sichere
Diese geistigen Extremisten sind verstärkte Ausprägungen von Anlagen, die wir alle in uns tragen. Kennen wir nicht diesen Wunsch, alles kontrollieren zu können? Mit nichts Unangenehmem konfrontiert zu werden? Und wenn eine Krise kommt und uns auf uns selbst zurückwirft, erkennen wir, wie sehr wir Orientierung brauchen, um psychisch stabil und belastbar zu sein. Wir reden vom Wunsch nach einem freien und selbstbestimmten Leben. Von Selbstorganisation und agilen Arbeitsmethoden. Doch aktuell erleben wir, wie abhängig wir von äußerer Ordnung sind. Und dass wir uns an vereinbarten und akzeptierten Regeln orientieren können. Natürlich ist diese äußere Sicherheit nicht real. Es gibt sie nicht.
In der heutigen Zeit ist das Unsichere das einzig Sichere. Veränderung ist eine Konstante. Solange wir keine innere Souveränität entwickeln, entspricht der tatsächliche Level an Selbstverantwortung bei Weitem nicht dem Niveau, das wir bräuchten, um wirklich selbstfunktional zu sein. Hier herrscht ein großer Widerspruch zwischen Wunsch und Realität. Deswegen: Sorgen Sie in Ihrem Umfeld für Klarheit und Transparenz – und damit für Orientierung. So helfen Sie Menschen, eine innere statt einer äußeren Orientierung zu finden. Indem sie lernen, Unsicherheit auszuhalten. Und daran zu wachsen. Das führt zu innerer Größe.
Ihr Boris Grundl
Darum sind Sie nicht wirklich glücklich.
Warum Erfolg und Erfüllung nichts miteinander zu tun haben.