„Übrigens, Chef, wir haben gerade eine schlechte Stimmung.“ Vertraulich schmeichelt sich der Einflüsterer nah an seinen Vorgesetzten heran. Was er spricht, hören wir. Aber, was will er sagen? Seine Worte sind kein neutraler Report. Sie transportieren zwei Botschaften. Erstens: „Auf mich, lieber Vorgesetzter, kannst du dich verlassen.“ Das zweite ist eine klare, wenn auch versteckte Anweisung: „Du allein, lieber Chef, bist für das Betriebsklima verantwortlich. Jetzt unternimm endlich was!“
Sollten Sie auf diese Ansage eingehen oder sie von sich weisen? Eins steht fest: Gemessen an diesem Doppelagenten ist sogar das Rumpelstilzchen vertrauenswürdig. Ein schwacher Charakter wird sich überschwänglich für die Vertrauensbekundung bedanken und in hektischen Aktionismus verfallen. Er wird Einzelgespräche führen oder ein gruppendynamisches Wochenende anberaumen. Bringt das etwas? Sicher! Die Frage ist nur, was genau?
Natürlich ist der Chef verantwortlich!?
Wie ungemein wichtig das Betriebsklima für das Unternehmen ist, wird ja überall gebetsmühlenartig gepredigt. Und natürlich ist der Chef verantwortlich. Obwohl inzwischen längst klar zu sein scheint, dass Führungskräfte alle Idioten sind. Heute lästern die Mitarbeiter über ihre Chefs, nennen sie Deppen, preisen ihre „pure Dummheit“ und lesen Bücher mit Titeln wie „Das Chef-Hasser-Buch“ oder „Rache am Chef“.
Oft will die Unternehmenskultur aus Führungskräften Supermänner machen. Die typisch westliche Personenzentrierung sucht den Einen, der es richten soll. Solches Denken überfordert Führungskräfte und macht Mitarbeiter zu Trommeläffchen. Wirklich gute Ergebnisse erzielen Sie aber nur, wenn Ihre Mitarbeiter selbstbestimmt leisten. Natürlich verantworten Sie die Ergebnisse nach außen. Nach innen sind Sie aber nicht für alles verantwortlich. Sie müssen dafür sorgen, dass jeder freiwillig seinen Teil beiträgt und dass jeder maximal wachsen kann. Schwierig genug! Persönliches Engagement, eigenen Wachstumswillen und seinen Beitrag zum Klima muss jeder selbst einbringen. Wer einen permanenten Anschub von oben braucht, ist selbst der Depp, den er im Chef beschimpft.
Führung und Einverständnis
Was ist wichtiger zu wissen? Wie Führung geht? Oder, dass die Geführten ihr Einverständnis geben, geführt zu werden? Richtig: Beides ist gleich wichtig! Beide sind mächtig. Führungskraft und Mitarbeiter – 50:50. Wir erreichen das, indem Führung als erlernbarer Beruf begriffen und gelehrt wird, um sie in den Augen der Mitarbeiter transparent und nachvollziehbar zu machen. Klar, auf den Punkt, ohne Schnickschnack, Supermanngequatsche oder Hokuspokus, stattdessen mit gesundem Menschenverstand. Führung gibt einen Rahmen und eine Richtung vor. Wie einer zum Ziel kommt, ist seine Sache. Hauptsache, alle kommen mit besten Ergebnissen rechtzeitig an.
Apropos Stimmung: Als schwerstbehinderte Führungskraft habe ich manch interessante Erfahrung gemacht. Zu Karrierebeginn hielt mir jeder die Türe auf. Als ich viele überflügelte, war das vorbei. Interessant, nicht wahr? Ich hatte sogar einmal einen Chef, der meine positive Stimmung bremsen wollte. Wo er konnte, rollte er mir Steine in den Weg. Er sah mich als Konkurrent. Ich ihn nicht. Ich habe mir das eine Weile stillschweigend angeschaut und weiter Ergebnisse geliefert. Irgendwann wurde es mir zu dumm. Ich habe ihm ohne Vorwurf gesagt: „Sie können noch bis zur Rente so weiter machen. Mich brechen Sie nicht.“ Von da an hatte ich Ruhe. Zu jemandem, der eine negative Stimmung verbreitet, gehört auch jemand, der diese annimmt.
Das nächste Mal also, wenn einer kommt und Ihnen was von schlechter Stimmung flüstert, fragen Sie: „Danke für die Information. Wenn Sie es aber gerade anprangern: Was haben Sie heute selbst schon unternommen, dass die Stimmung besser wird?“
Darum sind Sie nicht wirklich glücklich.
Warum Erfolg und Erfüllung nichts miteinander zu tun haben.
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