Was ist der Hauptunterschied zwischen einer Führungskraft und einem Verkäufer? Was fällt Ihnen dazu ganz spontan ein? Ich stelle diese Frage häufig im Training beim Kunden und erlebe bei der Diskussion dieser Frage äußerst Erstaunliches: Meist entfacht die Frage bei den Seminarteilnehmern einen regelrechten Kampf. Die jeweiligen Lager Führung und Verkauf sortieren ihre Argumente und rüsten nach und nach auf. Frecherweise schmückt sich die Führungsfraktion immer gerne mit dem Heiligenschein, dass Verkauf unter ihrer Würde sei. Die Vertriebsfraktion schießt dagegen, dass im Unternehmen ohne den Vertrieb gar nichts funktioniert und der Laden ohne diese Kompetenzen schon lange bankrott wäre. Diese verschiedenen Blickwinkel sind zwar verständlich, die persönliche Weiterentwicklung bringen sie allerdings nicht voran.
In der Praxis erleben wir Trainer oft, dass die Bereiche Führung und Verkauf isoliert betrachtet werden. Ich frage mich oft, warum das so ist und welchen Sinn es hat? Betitelt man eine Führungskraft auch als Verkäufer oder einen Verkäufer als Führungskraft macht man sich äußerst unbeliebt. Es herrscht Unsicherheit, wo diese beiden Begriffe nicht sauber differenziert sind. Die Gemeinsamkeiten beider Bereiche sind aber äußerst verblüffend. Gerade deshalb plädiere ich dafür, diese Trennung nicht mehr so strikt zu sehen.
Gemeinsamkeiten von Führung und Vertrieb
Schaut man sich die Ergebnisse von Führung und Vertrieb an, entdecken wir viele Schnittmengen: Beide versuchen, Menschen positiv zu beeinflussen. Führung möchte den Menschen so entwickeln, dass dieser der Beste wird, der er sein kann. Der Vertrieb wirkt so auf den Kunden ein, dass dieser das beste Produkt kauft und weiterempfiehlt. In beiden Fällen geht es darum, Menschen zu etwas zu befähigen und die Ergebnisse daraus einzufordern.
In beiden Bereichen ist diese Wirkung aber nur möglich, wenn sich sowohl der Verkäufer als auch die Führungskraft in der Selbstführung (Säule 1: Wie führe ich mich selbst?) kontinuierlich weiterentwickeln. Doch wer macht das wirklich? Wer setzt sich professionell mit folgenden Themen auseinander:
- Was sind meine Werte?
- Wie kann ich mein Engagement konsequent erhöhen?
- Welche Gewohnheiten habe ich und welche schmälern meine Wirkung?
- Wie gehe ich wirkungsvoll mit Problemen um?
- Was ist der Sinn einer Krise? Wie kann eine Krise zur Chance werden?
- Wie kann ich meine Konzentration fördern?
- Wie gehe ich mit Angst um?
- Was bedeutet Stress für mich und wie kann ich damit umgehen?
Meiner Erfahrung nach beschäftigen sich nur die Wenigsten damit!
Die Gemeinsamkeiten gehen aber noch viel weiter. Denn:
Eine Führungskraft, die nicht verkaufen kann, ist keine wirkungsvolle Führungskraft und ein Verkäufer, der nicht führen kann, ist kein wirkungsvoller Verkäufer.
Was hinter dem Gedanken steckt
Eine Führungskraft verkauft seinen Mitarbeitern und Kollegen tagtäglich Vertrauen, Glauben, Ideen, Aufgaben, Projekte, Entwicklungsmöglichkeiten, Verantwortungsübernahme etc. Je wirkungsvoller eine Führungskraft als Verkäufer ist, desto wirkungsvoller oder motivierter sind die Mitarbeiter und desto besser sind die Ergebnisse. Eine Führungskraft, die sich dessen nicht bewusst ist, sollte ihre Rolle noch mal genau überprüfen.
Im Kundengespräch agiert ein Verkäufer als Führungskraft. Er führt das Gespräch, sich selbst und seine Argumentation. In jedem Kundentelefonat muss ein Verkäufer den Kunden anleiten, sonst verkauft er am Ende des Tages nichts. Gerade im Bereich der Selbstführung (Säule 1: Wie führe ich mich selbst?) haben viele Verkäufer jedoch noch enormes Entwicklungspotenzial. So etwa bei der Kaltakquise am Telefon. Aus Angst vor Ablehnung warten viele Verkäufer lieber ab, statt aktiv neue Kunden zu akquirieren. Abwarten produziert aber keine Ergebnisse. Was meinen Sie, was möglich wäre, wenn der Verkäufer in der Weiterentwicklung lernt, seine Angst zu führen, statt von ihr geführt zu werden?
Es gibt also einiges, was die beiden Disziplinen noch voneinander abschauen können.
Was kann die Führung vom Verkauf lernen?
- mehr Selbstvertrauen und sich selber noch mehr die Berechtigung zum Führen geben
- bei Ablehnung und Fehlschlägen einfach weitermachen und den Kopf nicht in den Sand stecken
- noch stärkere Ergebnisorientierung – Ergebnisse sind der einzig messbare Indikator
- Spaß, Begeisterung und Identifikation mit Unternehmen und für die Produkte
Was kann der Verkauf von der Führung lernen?
- noch mehr strukturierte Vorbereitung auf Kundentermine
- nicht nur und nicht zu viel Nähe, sondern auch Distanz in der Kundenkommunikation – damit eine respektvolle Partnerschaft auf Augenhöhe entstehen kann
- nie Führung im gesamten Verkaufsprozess speziell bei schwierigen Kunden behalten und zum Abschluss kommen
Welche Entwicklungen sind in beiden Disziplinen nötig?
- mehr fragen/weniger sagen: „Wer fragt, der führt!“
- mehr wirkliches Interesse am Menschen
- loslassen von dem Weltbild, Führung und Verkauf hätten nichts miteinander zu tun und konsequent von der „Gegenseite“ lernen
- lernen, hinfallen, reflektieren, wachsen und weiterentwickeln
- professionelle Einstellung in der jeweiligen Rolle bewusst und adäquat wählen
Durch das Akzeptieren der jeweils anderen Seite können die beiden Bereiche Führung und Verkauf als starre Pole (Weltbilder) aufgelöst werden. Dadurch entsteht Professionalität. Je nach Aufgabenstellung und Herausforderung werden so in Führung und Vertrieb Spitzenergebnisse erzielt.
Umsetzungsaufgabe:
- Was sind Ihre Lernpunkte von der jeweils anderen Disziplin? Warum wollen Sie das Lernen und umsetzen?
- Wie können Sie das ab sofort umsetzen?
- Welche Person oder was hilft Ihnen dabei?
- Woran stellen Sie fest, dass sich etwas verändert hat?
Entwickeln Sie sich als Mensch kontinuierlich weiter und Sie werden wirkungsvoller in Führung und Verkauf!
Darum sind Sie nicht wirklich glücklich.
Warum Erfolg und Erfüllung nichts miteinander zu tun haben.
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