Gutmenschen – Menschen, die es gut meinen, aber nicht gut machen – erkennt man an ihrer aufgestauten Wut. Sie sind innerlich wie Kinder, die ständig mit dem Fuß stampfen, weil es nicht nach ihrer Nase geht. Dahinter steckt ein aufgeblähtes Ego. Ihr Verhalten entlarvt ihre maßlosen Ansprüche an das Leben. Gutmenschen sehen zuerst die Ungerechtigkeiten in der Welt. Sie regen sich über alles und jeden auf. Sie träumen und erzählen von Idealen. Ideale, die sie von anderen erwarten, aber selbst nicht leben.
Ja, es gibt viel Ungerechtigkeit und viel Unglück in der Welt. Es gibt Erdbeben, Tsunamis und Vulkanausbrüche. Es gibt Korruption, Profitgier und Ausbeutung. Genauso gibt es das Gegenteil. So ist unsere Welt nun einmal. Wir haben nur diese eine, und es gibt nur diese Menschen.
Ausreden, um die eigene Verantwortung zu minimieren
Das, was für die permanenten Nörgler und Weltverbesserer gilt, beobachte ich auch in der Führung. Da wird zu allererst nach Gründen im Außen gesucht. Nur, um nicht bei sich selbst anzufangen. Der harte Wettbewerb, die ständige Erreichbarkeit, der böse Mutterkonzern, die unengagierten Mitarbeiter, die hohen Zielvorgaben, der ständige Leistungsdruck – all das sind wohl bekannte Ausreden, die helfen, die eigene Verantwortung zu minimieren.
Führungskräfte, die ihre schwache Wirkung und ihren Mangel an Führungsqualität hauptsächlich mit der äußeren Misere begründen, haben eines noch nicht verstanden:
Entscheidend ist nicht, was dir im Leben passiert oder zustößt.
Entscheidend ist, was du daraus machst.
Jeder hat in seinem Rahmen die Möglichkeit, sein Leben selbst zu interpretieren. Es gibt ein Geschenk des freien Willens – jenseits dessen, was uns an Ungerechtigkeiten und Druck von außen widerfährt. Gerade Führungskräfte sollten dieses Geschenk annehmen. Ihre innere Freiheit entwickeln und dazu nutzen, das Beste aus sich und den Menschen um sie herum zu machen.
Ausgangspunkt jeder Führung ist die Selbstführung. Dazu ist die Entwicklung der eigenen Person Voraussetzung. Wer sich nicht selbst führen kann, kann auch keinen anderen führen. Unter Führen verstehe ich die Entwicklung anderer. Fragen Sie sich einmal: Sehe ich meine Mitarbeiter als Ursache oder als Lösung meiner Probleme? Je mehr Menschen in Ihren Augen zur Lösung Ihrer Probleme werden, desto besser lassen sie sich von Ihnen führen. Um andere zu fördern, muss ich zuerst meinen freien Willen erkennen und anwenden. Erst die Tatsache, dass ich mich selbst verändere, bringt Entwicklung.
Dingen eine eigene Bedeutung geben
Manchmal sagen Zuhörer meiner Vorträge zu mir: „Herr Grundl, Sie haben doch ein Leben genau so, wie Sie es wollen.“ Ich weiß dann nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Ich soll ein Leben ganz nach meinen Wünschen haben? Ich sitze im Rollstuhl und bin zu 90 Prozent gelähmt. Das ist die Realität. Tatsache ist, dass ich mir im Rahmen dieser Realität, die ich akzeptieren muss, einen Raum geschaffen habe, in dem ich sein kann. Und ich behaupte: Das kann jeder Mensch, egal wie hart die Wirklichkeit im Moment aussieht, mit der er sich abfinden muss.
Die größte innere Freiheit, die wir erlangen können, ist die Freiheit, den Dingen, die uns geschehen, unsere eigene Bedeutung zu geben. Eine Bedeutung, die uns selbst inspiriert und damit auch andere. Das ist mentale Höchstleistung: selbst durchdenken und interpretieren, nicht nachplappern. Menschen sind dann zu echter innerer Freiheit in der Lage. Aber dafür müssen sie aufhören, eine bessere und gerechtere Welt zu fordern und sich mit der Welt und den Menschen versöhnen. Konrad Adenauer brachte es auf den Punkt: „Nimm die Menschen, wie sie sind. Andere gibt es nicht.”
Ihr Boris Grundl
Sie wollen mehr Inspiration?
Schauen Sie sich bei Facebook oder im Videoblog „Grundls Gründe“ um. Hier durchleuchtet Boris Grundl aktuelle Themen aus verschiedenen Perspektiven. Immer mit der Frage: „Was kann ich aus diesem Thema für mich und mein Leben transferieren?“ Im Video „Tag der Deutschen Einheit“ spricht Boris Grundl zum Beispiel über die Unterscheidung „Verbindendes vs. Trennendes“:
Der Mauerfall am 9. November 1989 ist ein Tag, der sich in die deutsche Geschichte eingebrannt hat. Das Zusammenkommen von Nationen löst regelmäßig starke verbindende Kräfte, gleichzeitig aber auch viele trennende Momente aus. Diese zwei gegensätzlichen Kräfte sind immer präsent, wenn etwas Neues entsteht – ob im beruflichen oder privaten Kontext. Boris Grundl lädt Sie daher ein, zu überlegen, wo auch in Ihrem Alltag verbindende und trennende Kräfte am Werk sind und auf welche Kraft Sie in welchen Momenten den Fokus legen. So können Sie lernen, klug mit beiden Kräften umzugehen.
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