Dienstag, 15. Oktober
um 19:00 Uhr - Live

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Wenn die Umstände besser wären, dann…

wenn die umstände besser wären, dann

Inhaltsverzeichnis

Stellen Sie sich vor: Ihr bester Freund besucht Sie. Seit der Schulzeit halten Ihre Bande an. Ihr Freund arbeitet als Mechaniker in einer Autowerkstatt für hochkarätige Fahrzeuge. Das Gehalt reicht vollkommen aus. Er ist finanziell abgesichert. Es geht ihm und seiner Familie sehr gut. Beim Essen erzählt er Ihnen, wie es wirklich aussieht: „Dieser Job ödet mich an.“ Natürlich zunächst verwunderlich. Er erzählt weiter: Die Ausbildung sei bereits ein Fehlgriff gewesen. Die Arbeit unterfordere ihn. Er wäre lieber Ingenieur und am Konstruktionsprozess beteiligt als nur zu reparieren, was andere entworfen hätten. Das Wissen habe er durch den Job zum Großteil schon. Seine Eltern hätten gewollt, dass er etwas Anständiges lernt. Er wollte damals nur schnell auf eigenen Beinen stehen. Jetzt sei es zu spät. „Wenn die Umstände besser wären, dann… .“

Die Ausreden der anderen sind leicht zu erkennen, unsere eigenen sehr schwer einzusehen. Sie kennen es vielleicht auch: Es ist einfacher den Umstand als gegeben anzusehen – als nicht änderbar. Statt aufzustehen und zu sagen: „Ich werde das nun ändern!“ Dabei laufen wir Gefahr, uns selbst in eine Opferrolle zu begeben. Überhaupt gibt es Menschen, welche sich gern über ihre Opferrolle definieren. Sie erhalten dadurch eine Art Randgruppenmacht und schwingen dann die moralische Keule. Als Schwerbehinderter fällt mir das in der Behindertenszene immer wieder auf. Ich erinnere mich noch ganz genau als ich vor der inneren Türe stand, in den Raum der Opferrolle als Schwerstbehinderter einzutreten – doch ich habe mich bewusst dagegen entscheiden.

[Optin-BoxAusreden]

Manchmal sind die Umstände wie sie sind

Am 3. Dezember 1990 änderte sich nach meinem Unfall mein Leben innerhalb von Sekunden. Nichts war mehr so, wie es einmal war. Wie ein nasser Sack schlug ich auf dem Wasser auf. Das Wasser fühlte sich hart wie ein betonierter Garagenboden an. Mein Aufprall auf dem Wasser der mexikanischen Lagune war ein Schlag, der mir Leib und Seele brach. Ich war ein zerbrochenes Bündel Mensch. Der erste Achttausender war da. Es ging um das nackte Überleben!

Ich fand mich irgendwo im Wasser wieder und schluckte Wasser. Hatte keine Orientierung. Panik pur. Ich wusste nicht, wo oben und wo unten ist. Dann sah ich Licht. Ich schickte mich an, mit kraftvollen Zügen zur Wasseroberfläche zu schwimmen – doch nichts geschah. Ich gab den Befehl an meine Beine, doch statt mich nach oben zu bewegen, sank ich immer weiter in Richtung Seegrund. Und mir war klar: So ist es also, wenn man stirbt. Mein Geist war so klar wie der Blick zum Horizont. Und ich wusste: Meine letzte Minute hat geschlagen. Dann plötzlich: Hände, die nach mir griffen, mich an die Wasseroberfläche zogen und an den Rand des Sees in den heißen Sand legten. Immer mehr Hektik kam auf. Als mich mein Retter unkontrolliert aufheben wollte, schrie ich: „Nein! Bringt eine Tür!“ Als hätte ich geahnt, dass ein wackeliger Transport mein Todesurteil gewesen wäre. Dieses „Nein“ ist der Grund dafür, dass ich heute so leben kann, wie ich lebe. Schließlich brachten sie eine Tür, um mich stabil zu transportieren.

Später noch in Mexiko, die erste Not-OP und die Frage, wie ich das finanzieren sollte. Meine Mutter plante bereits, das Haus zu verkaufen. Dank einer Auslandskrankenversicherung war das zum Glück nicht notwendig, aber hier spürte ich schnell, was mich erwarten würde; Niederschläge und Ängste. Der Krankenrücktransport nach Deutschland wurde zur Hölle. Nach dem ersten Schock fing ich wieder an, normal zu denken. Ohne meine Fähigkeiten zu meditieren, wäre ich wohl psychisch zusammengeklappt.

Transformieren Sie Ihre Denkweise

Ich musste lernen, Dinge in meinem Kopf zu parken. Warten – bis die Zeit reif ist. Nicht versuchen, Dinge mit meinem bisherigen Denken zu erfassen, wenn sie meinen Horizont übersteigen. Dazu musste ich um meinen Horizont wissen. Abwarten, sacken lassen. Irgendwann war die Zeit reif und Klarheit stieg auf.

Darum geht es: zu wissen, dass wir geistig immer limitiert sind, jeder auf einem anderen Niveau. Deswegen nicht überschnell zu reagieren, wenn Themen von außen nach Beachtung schreien. Themen parken heißt aushalten – nicht wegdrücken oder unterdrücken. Das gilt bei so einem großen Thema genauso wie jeden Tag bei kleinen Themen. Es schafft innerlich Raum und wird getragen von einem Vertrauen, es irgendwann einmal tiefer zu verstehen und dann zu transformieren. Vielleicht reicht der Horizont im Moment noch nicht dafür, doch so wird eine Entwicklung Schritt für Schritt möglich.

Früher ging es um das Anziehen einer Socke, heute um das Millionenbudget zur Transformation von Führungsteams. Das Prinzip ist identisch, der Inhalt nicht. Also: Sie schaffen das! Die Frage lautet: Sind Sie bereit, kleine Schritte zu gehen? Immer wieder, jeden Tag eine Stufe auf der Leiter zu gehen? Immer wieder, jeden Tag eine Stufe auf der Leiter – und dabei immer die Leiter hinaufschauen, nicht hinunter. Marie von Ebner-Eschenbach beschrieb es so: „Was noch zu leisten ist, das bedenke, was du schon geleistet hast, das vergiss.“ Meine Idee auf dem Weg dazu ist: Klappe halten, leiden, wachsen.
Denn die Umstände sind, wie sie sind. Wer sich bessere Umstände wünscht, lehnt im Kern seinen Teil der Verantwortung für diese Umstände ab. Es ist die Angst vor der Realität, und mit dieser macht man sich selbst schwach. Was für eine klug verpackte Ausrede: Ich kann ja sowieso nichts ändern. Die Umstände sind schlecht? Es liegt an Ihnen zu ändern, was Sie ändern können.

Darum sind Sie nicht wirklich glücklich.

Warum Erfolg und Erfüllung nichts miteinander zu tun haben.

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