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Trenne den Boten von der Botschaft

den boten von der botschaft trennen

Inhaltsverzeichnis

Wie viele Menschen kennen Sie, die unbedingt „recht haben wollen“? Solche, bei denen der Wunsch nach schneller Anerkennung das Ringen um die beste und tiefgreifendste Lösung dominiert. „Das hätte ich dir gleich sagen können“ und „Mich hat ja keiner gefragt“ sind Ableger dieser Haltung. Selbstbestätigung schlägt Lernbestreben. Was andere toll hinkriegen, ist für sie „nur Glück“ oder „nur Beziehungen“ zu verdanken. Doch wehe, wenn einer (der Bote) diese Herabwürdigung entlarvt. Der Blick des so Entlarvten in den Spiegel (Botschaft) hätte schmerzhafte Folgen für den, der es angesprochen hat.

Unsere Sicht auf die Welt richtiger zu finden als die anderer, ist ein sehr natürliches Gefühl. Es folgt unserem Wunsch nach Stärke und dem oft unterdrückten Streben nach Dominanz und damit Kontrolle. Doch es entwertet unsere Toleranz zum gönnerhaften Gnadenakt. Unbewusst schauen wir nicht nur auf dessen Haltung, sondern auf den ganzen Menschen herab: Denn es ist schwer, Bote und Botschaft zu trennen.

Inhalt versus Referent

Ein Gedankenexperiment: Es zeigt sich, dass jemand lügt, um einen Nachteil zu vermeiden. Er wird durch schnelle, vertrauensvolle Kommunikation entlarvt. Die Lüge (Botschaft) kommt durch einen, der mitdenkt und hinterfragt (Bote) ans Licht. Der Lügner wird allen Beteiligten bekannt. Auf wen wird er böse sein? Natürlich: auf den, der ihn entlarvt und damit den Boten. Doch macht es nicht mehr Sinn, auf den Urheber der Lüge (denn das ist die Botschaft) wütend zu sein?

Vorträge und Seminare zeigen das noch verblüffender. Viele Zuhörer identifizieren den Referenten mit dem Inhalt. Doch mal stammt der Inhalt (Botschaft) aus eigener Feder, mal eins-zu-eins aus anderer Quelle, und manchmal wurde „Fremdgeborenes“ weiterentwickelt. Der Referent bleibt immer Bote, und seine Inhalte bleiben immer die Botschaft. Egal woher.

Im Idealfall sind Bote und Botschaft eins

Es ist erstaunlich, wie wenige Menschen Inhalte losgelöst vom Träger verstehen können. Oder wie sehr der Bote bestimmt, ob sie dessen Botschaft interessiert. Politische Wahlen beweisen jedes Mal, wie viel entscheidender die Spitzenpersönlichkeiten sind als die Inhalte, für die ihre Partei steht. Im Idealfall sind Bote und Botschaft eins. Der Referent hätte seine Inhalte tief durchdrungen, und wir würden ihn als authentisch oder besser: „stimmig“ wahrnehmen. Wenn eine solche Persönlichkeit dann noch weiß, wie man Botschaften wirkungsvoll sendet, wird es richtig stark. Charisma – die Champions League!

Leider ist das selten. Deshalb übe ich, mich bei Vortragsbesuchen primär auf die Inhalte zu konzentrieren. Denn die sind oft viel besser als ihre Präsentation. So trenne ich den durchschnittlichen Auftritt von den wertvollen Inhalten. Wie das geht? Ich schaue den Referenten nicht an und lasse mich nicht durch sein Auftreten ablenken. Stattdessen fahre ich meinen Hörsinn hoch. Es gilt: Je intensiver wir zuhören, desto stärker konzentrieren wir uns auf den Inhalt.

Über sich selbst hinausdenken

Diese einfachen Beispiele zeigen, wie schwer es ist, Bote und Botschaft zu trennen. Und wie schwer es dadurch ist, über sich selbst hinauszudenken. Wie beim „Recht-haben-wollen“. Überlegen Sie doch einmal, wie oft auch in Partnerschaftsstreits dieses Motiv dominiert und was daraus folgt: ein Ungleichgewicht im Erfassen der eigenen Person und der eines anderen. Was für ein Unterschied zwischen Ansprüchen an sich selbst und ans Gegenüber! Überprüfen Sie das immer! Die Schauspielerin Valerie von Martens druckte es einst auf ihre Art aus: „Es wäre eine Freude zu leben, wenn jeder die Hälfte täte, was er von anderen verlangt.“

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Bildquelle: © MabelAmber Pixabay

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